Forschung

Die Forschungsanstalt der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Agroscope - Gruppe Ernährung) kam bei der Studie «Molke in der Ernährung des Menschen» zu folgendem Fazit: «Die Molke sollte in allen Altersgruppen ein fester Bestandteil des Speiseplans werden.»

Die komplette Studie über Molke finden Sie hier: Bundesamt für Gesundheit

 



Proteine


Bei den Proteinen in der Molke handelt es sich um jene Milchproteine, die nach dem Ausfällen von Kasein bei einem pH von 4,6 und 20 °C löslich bleiben.

 

Zu diesen Molkenproteinen zählen das -Laktoglobulin (45 %), das Laktalbumin (17 %), die Immunoglobuline (11 %), die Proteose-Peptone (11 %), das Serumalbumin (5 %), die Glykomakropeptide (8 %) (nur in Süßmolke vorkommend), verschiedene Minorproteine wie Glykoproteine (z. B. Laktoferrin und Transferrin), etwa 60 Enzyme sowie die Peptidhormone Prolaktin, Somatostatin und freisetzende Faktoren/ Hormone (releasing factors/hormons) wie auch Spuren von Proteinen aus der Fettkügelchenmembran.


Diese verschiedenen Molkenproteine unterscheiden sich vor allem in der Anzahl der Aminosäuren. Beispielsweise enthält das -Laktoglobulin B 162, das -Laktalbumin 123, Serumalbumin 583 und Laktoferrin 689 Aminosäuren.

Über die Hälfte der Aminosäuren des -Laktoglobulins und des -Laktalbumins sind essenziell (lebensnotwendig); beim Serumalbumin sind es 40 %. Nebst dem hohen Gehaltan essenziellen Aminosäuren sind Molkenproteine im Vergleich zu ande- ren Proteinquellen sehr gute Lieferanten von Cystein und Glutaminsäure sowie von ver- zweigtkettigen Aminosäuren. Zu diesen zählen die essenziellen Aminosäuren Isoleucin, Valin und Leucin. Deren Anteil beträgt beim -Laktoglobulin ein Viertel und bei den beiden anderen Proteinen -Lak- talbumin und Serumalbumin ein Fünftel.

 

Laktoglobulin ist der häufigste Auslöser von Milchproteinallergien im Kleinkindalter (es kommt in Muttermilch nicht vor). Es weist ver- schiedene Bindungsstellen für Mineralstoffe, fettlösliche Vitamine (Retinol-Carrier) und Lipide auf und kann so deren Absorption erhöhen, was vor allem bei den Mineralstoffen Kalzium und Zink von Bedeutung ist.

Unter den Immu- noglobulinen (IgG1, IgG2, IgA und IgM), die funktionell zu den Antikörpern gehören und die das Neugeborene vor Infektionen schützen und eine passive Immunität für das Kleinkind bereit- stellen, kommt das IgG1 in Milch und somit auch in Molke am häufigsten vor. Die Immuno- globuline machen ungefähr 1 % der gesamten Milchproteine und ca. 6 % der Molkenproteine aus. In Kuhmilch kommt IgG1 mit ca. 4,6 g/100 g während der Kolostralperiode und mit 0,03 – 0,06 g/100 g in der reifen Milch am häufigsten vor. Immunoglobuline sind jedoch nicht sehr stabil und überstehen nur teilweise die Verdauung, wodurch die meisten von ihnen deaktiviert werden. Proteose-Peptone entstehen bei der Käseherstellung durch die Wirkung des Enzyms Plasmin (=Milchendopeptidase) aus dem - Kasein und gehen in die Molke über.


Der Gehalt des Glykomakropeptids (GMP) in Molke hängt vom Herstellungsverfahren des Käses ab und kann bei Labgerinnung bis zu 15 % der Molkenproteine betragen.

 

Bei der Chymosineinwirkung auf das -Kasein entsteht zum einen para-Kasein, das in den Käsebruch übergeht, und zum anderen das Glykomakropeptid (auch als Kaseinmakro- peptid bezeichnet), das in die Molkenfraktion gelangt. Da dieses Peptid die Aminosäure Phenylalanin nicht enthält, ist dessen Verzehr für Menschen mit Phenylketonurie unbedenklich.

 

So wurde erst kürzlich über ein Produkt mit diesem Peptid für diese Personengruppe berichtet. Inzwischen zeigte sich bei acht Erwachsenen und drei jungen Männern mit Phenylketonurie nach dem Verzehr eines Frühstücks mit GMP im Vergleich zu einem mit Aminosäurenangereicherten Frühstück ein stärkeres Sättigungsgefühl und eine niedrigere Konzentration von Ghrelin, einem appetitstimulierenden Hormon.

 

Dies ist für diese Personengruppe vorteilhaft, weil sie sich über anhalten- den Hunger beklagen. Im Weiteren kann die erosive Wirkung von sauren Getränken auf den Zahnschmelz durch GMP und seiner Fraktionen vermindert werden. Laktoferrin kann als eisenbindendes Glykopro- tein zwei Fe3+-Atome pro Molekül binden. Im Gegensatz zur Muttermilch (100 bis zu 352 mg/100 g)(14) kommt Laktoferrin in Kuhmilch wie auch in Molke nur in sehr kleinen Mengen vor (2 – 10 mg/100 g), wobei der Gehalt vom Laktationsstadium abhängt. Da die Menge in Kuhmilch und damit auch in der Molke gering ist, bleibt die Frage offen, inwieweit Laktoferrin in diesen Lebensmitteln für die menschliche Ernährung von Bedeutung ist. Die orale Ver- abreichung von bovinem Laktoferrin kann je- doch zu einer Modulation der Immunaktivität, im speziellen der T-Zell-Aktivierung und des Antioxidantienstatus führen. Unter den ver- schiedenen Enzymen in der Molke weist die Laktoperoxidase mit 0,7 – 3,9 Enzymeinheiten pro Liter die stärkste Aktivität auf. Letzteres Enzym ist verhältnismäßig hitzestabil und relativ resistent gegenüber Verdauungsenzymen und übersteht daher zum Teil die Passage durch den Verdauungskanal.

 

Bioaktive Peptide sind im Proteinmolekül als zunächst inaktive Aminosäuresequenzen vorhanden. Durch enzymatische Proteolyse, z. B. während der Verdauung oder dem Käse-Herstellungsprozess, werden die Peptide herausgelöst und können somit im aktivierten Zustand verschiedene physiologische Funktionen ausüben.

 

Sie wirken zum Beispiel unter anderem blutdrucksenkend, opioid, mineralbindend und immunmodulierend. Bei den Molkenproteinen dienen -Laktoglobulin, -Laktalbumin und Laktoferrin als Quellen der biologisch aktiven Peptide‚ - und -Laktorphine sowie Lakto- ferricin. Auch von Serumalbumin sind bio- aktive Peptide wie Albutensin A und Serophin bekannt. Auch wenn die Laktorphine funktionelle Eigenschaften vor allem im Bereich der Immunfunktion und im Verdauungssystem haben, sind die in Molke resp. Molkenpulver vorhandenen bioaktiven Peptide wahrscheinlich aufgrund des geringen Vorkommens nur von untergeordneter Bedeutung. Aus Molke isolierte bioaktive Peptide können jedoch durchaus physiologische Wirkungen aufweisen wie etwa eine verbesserte vaskuläre Funktion.


Proteinqualität

 

Die Qualität von Proteinen wird meist als biologische Wertigkeit (BW) angegeben. Diese ist ein Maß für die Eignung eines Nahrungspro- teins zum Ersatz von Körperprotein. An Men- schen wurde von Kofranyi die biologische Wertigkeit mithilfe der Stickstoff-Bilanzminimum- Methode ermittelt.

 

Als weitere Kennzahlen der biologischen Wertigkeit werden aus dem Wachstum von Ratten die Netto-Protein-Verwertung (Net-Protein Utilization, NPU) und das Protein-Wirkungs-Verhältnis (Protein Efficiency Ratio, PER) abgeleitet. PER wird bei jungen Rat- ten als Gewichtszunahme dividiert durch die verzehrte Proteinmenge definiert und NPU an zwei Gruppen wachsender Ratten ermittelt. Die biologische Wertigkeit eines Lebensmittels ist v. a. von den darin enthaltenen essenziellen Aminosäuren abhängig. Deshalb werden auch aufgrund des Gehalts eines Proteins an diesen Aminosäuren der „Chemical Score“ sowie der „Essential Amino Acid Index“ berechnet(28). Eine neuere Bestimmungsmethode der Proteinqualität ist der von der WHO und FAO empfohlene, nach Protein-Verdaulichkeit korrigierte Aminosäurewert (Protein Digestibility-Correc- ted Amino Acid Score, PDCAAS). Es handelt sich um die nach der Proteinverdauung verfüg- baren Aminosäuren. Dabei wird der Gehalt der ersten limitierenden essenziellen Aminosäuren (= jene Aminosäure, von der bezogen auf ihren Bedarf am wenigsten im Protein enthalten ist) eines Nahrungsmittelproteins durch den Gehalt der gleichen Aminosäure in einem definierten Standard-Aminosäureprofil geteilt. Sodann wird dieser Index mit der bei Ratten gemessenen wahren Verdaulichkeit des Testproteins multipliziert. Dieser Wert berücksichtigt die tatsächliche Verwertbarkeit des Proteins auf Basis der limitierenden essenziellen Aminosäure und kann maximal 1 betragen. Aber auch diese Einteilung wird bei Experten kontrovers diskutiert.

 

Aufgrund dieser verschiedenen Kennzahlen sind für den Menschen Molkenproteine im Vergleich zu anderen

Aminosäurequellen als sehr wertvoll zu beurteilen. Diese gute Proteinqualität ist auf den hohen Gehalt an essenziellen Aminosäuren insbesondere auch der verzweigtkettigen Aminosäuren zurückzuführen. Deshalb sind Molkenproteine auch geeignet, andere Proteine, insbesondere solche pflanzlicher Herkunft, aufzuwerten. So ergab nach Jekat und Kofranyi eine Mischung von Laktalbumin und Kartoffeln im Verhältnis von 70 : 30 eine BW von 134 und lag damit praktisch im gleichen Bereich wie die Mischung von Ei und Kartoffeln (36 : 64) mit 136 und etwas höher als diejenige von Milch und Weizenmehl (75 : 25) von 125.  


Übrige Inhaltsstoffe

 

Molke ist praktisch fettfrei. Die Spuren an Fett beeinflussen den Energiegehalt sowie die ernährungsphysiologische Bedeutung von Molke nicht.

Dies ist unter anderem ein Grund, weshalb Molke bei Reduktionsdiäten empfohlen wird. Bei der Käseherstellung gehen die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K mit dem Milchfett in die fetthaltigen Fraktionen (Käse) über, während die wasserlöslichen zu einem großen Teil in der Molke verbleiben. Die wasserlöslichen Vitamine B1, B2, B6, B12 und Pantothensäure liegen in der Molke in ernährungsphysiologisch relevanten Konzentrationen vor.

Je nach Herstellungsverfahren verbleiben zwischen einem und zwei Drittel der in der Milch ursprünglich vorhandenen Mineralstoffe Kalzium, Phosphor und Kalium in der Molke. Weitere in der Molke vorkommende Mineralstoffe und Spurenelemente sind Magnesium, Zink, Eisen, Kupfer und Jod, deren Gehalt jedoch wie auch in der Milch gering ist. 


Molkenproteine sind schnell verdaubar

 

Die Milchproteine zeigen im Verdauungstrakt ein unterschiedliches Verhalten. Molkenproteine bleiben im sauren Magenmilieu löslich und werden so schnell in den Darm entleert.

 

Im Gegensatz dazu gerinnt beim tiefen pH des Magens das Kasein und es entsteht ein festes Koagulat, das nur langsam aus dem Magen abgegeben wird. Dieses unterschiedliche Verhalten konnte bereits in den 80er-Jahren in Versu- chen an Minischweinen mit roher und erhitzter Milch gezeigt werden. Um die Jahrtausendwende konnten auch am Menschen diese Unterschiede beobachtet werden. Dabei nehmen die postprandialen Aminosäurenkonzentrationen im Plasma nach der Zufuhr von Molkenproteinen schnell und kurzzeitig zu, mit einem Peak zwischen 40 Minuten und zwei Stunden. Nach der Kaseinzufuhr und in Übereinstimmung mit der verzögerten Magenentleerung wurde ein langsamerer und geringerer Anstieg der Aminosäurenkonzentration im Plasma beobachtet. Dafür wird deren Konzentration für etwa sieben Stunden nach dem Konsum aufrechterhalten. Aus diesem Grund werden Molkenproteine als „schnelle“ und Kaseine als „langsame“ Proteine bezeichnet. Auch bei der Erhöhung der postprandialen Nettoproteinsynthese während einer kurzzeitigen Bettlägerigkeit war die Zufuhr von Molkenproteinen dank deren rascher Verdauung effizienter als diejenige von Kasein.